EUROPAREISE
Jurgen Ots & Christoph Westermeier

Der Flohmarkt Jeu de Balle in Brüssel ist für Jurgen Ots und Christoph Westermeier ein Sinnbild für einen Magen, der Europäische Haushalte, Einrichtungen und Erinnerungen verdaut. Auf diesem Flohmarkt wechseln an sieben Tagen in der Woche, von den frühen Morgenstunden bis um zwei Uhr am Nachmittag, Fotoalben, Reisemitbringsel und Teeservice ihre Besitzer*innen. Das Prozedere folgt dabei einer ungeschriebenen Choreografie, der alle Teilnehmenden folgen. Seinen Höhepunkt erreicht dieses Spiel, wenn die Händler*innen Unverkäufliches und Unvollständiges zur freien Mitnahme bereitstellen. Ein anarchisches Treiben beginnt, das erst von der Müllabfuhr beendet wird, die alle Reste aufsammelt und den Platz für den nächsten Tag reinigt.

Von 2018 bis 2022 haben Jurgen Ots und Christoph Westermeier dieses Treiben künstlerisch beobachtet. Ots hat in dieser Zeit eine beachtliche Sammlung von Gegenständen zusammengetragen, die, in seinen Studio arrangiert, Teil seiner künstlerischen Arbeit geworden sind. Westermeier hat derweil das Treiben auf dem Platz und das Leben mit den Objekten in Ots Atelier fotografisch dokumentiert.

In zwei Ausstellungen, 2020 in Düsseldorf und im darauffolgenden Jahr in Brüssel, haben beide Künstler sich kooperativ mit Jeu de Balle als Magen Europas auseinandergesetzt.

In dem gleichnamigen Künstlerbuch haben Ots und Westermeier ihre Kooperation zusammengefasst. Das Buch „Der Magen Europas“ (Distanz, Berlin 2023) bezieht sich nicht nur auf diese Ausstellungen, sondern zeigt zudem auf Fotos von Christoph Westermeier das Treiben auf dem Platz Jeu de Balle, sowie das Leben und Arbeiten mit und in gefundenen Objekten. Ein dritter Teil zeigt das gescannte Archiv der zweidimensionalen Objekte, die Jurgen Ots über vier Jahre zusammengetragen hat.

Am 09. Mai, dem Tag des Sieges, wurde das Künstlerbuch in der Kunsthalle Düsseldorf der Öffentlichkeit vorgestellt. Um den friedlichen und inklusiven Gedanken der Europäischen Union zu betonen, wurde das Foyer der Kunsthalle in eine Spielhalle umgewandelt. Auflagen des Gesellschaftsspiels „Europareise“ aus den 1960er, 1970er, 1980er und 1990er Jahren lagen aus und wurden eifrig gespielt. Die besten Hits aus fünfzig Jahren Eurovision Song Contest wurden dazu in einer 70stündigen Playlist gespielt. Käseigel, Mettigel und Tofuigel sorgten für das leibliches Wohl der Gäst*innen und unterstrichen den kommunikativen Ansatz einer gemeinsam verdauenden EU.


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For Jurgen Ots and Christoph Westermeier, the Jeu de Balle flea market in Brussels is a symbol of a stomach that digests European households, institutions and memories. At this flea market, photo albums, travel souvenirs and tea sets change hands seven days a week, from the early hours of the morning until two in the afternoon. The procedure follows an unwritten choreography that all participants follow. The game reaches its climax when the traders offer the unsaleable and incomplete items for free. An anarchic hustle and bustle begins, which is only brought to an end by the rubbish collectors, who pick up all the leftovers and clean the square for the next day.

From 2018 to 2022, Jurgen Ots and Christoph Westermeier observed this goings-on artistically. During this time, Ots has amassed a considerable collection of objects that, arranged in his studio, have become part of his artistic work. Westermeier, meanwhile, has photographically documented the hustle and bustle on the square and life with the objects in Ots' studio.

In two exhibitions, in Düsseldorf in 2020 and in Brussels the following year, both artists have cooperatively explored Jeu de Balle as the stomach of Europe.

Ots and Westermeier have summarised their cooperation in the artist book of the same name. The book "Der Magen Europas" (Distanz, Berlin 2023) not only refers to these exhibitions, but also shows the hustle and bustle of the Jeu de Balle square in photos by Christoph Westermeier, as well as living and working with and in found objects. A third part shows the scanned archive of two-dimensional objects that Jurgen Ots has collected over four years.

On 9 May, Victory Day, the artist's book was presented to the public at the Kunsthalle Düsseldorf. To emphasise the peaceful and inclusive idea of the European Union, the foyer of the Kunsthalle was transformed into a game hall. Editions of the parlour game "Europareise" from the 1960s, 1970s, 1980s and 1990s were on display and eagerly played. The best hits from fifty years of the Eurovision Song Contest were played in a 70-hour playlist. Cheese hedgehogs, mettigel and tofu hedgehogs provided for the guests' physical well-being and underlined the communicative approach of a jointly digesting EU.



Jurgen Ots, Christoph Westermeier, Der Magen Europas, EUROPAREISE, Nachtfoyer, Kunsthalle Düsseldorf. 09. Mai 2023. Moderation: Haris Giannouras & Christoph Westermeier, Documentation: Anna Jocham











Seit fünf Jahren wird Kunst im öffentlichen Raum von der Kunstkommission Düsseldorf initiiert und ermöglicht; doch prägt Kunst den öffentlichen Raum schon länger und hat eine jahrhundertelange Tradition. Allerdings sind viele Kunstwerke so mit dem Stadtbild verwachsen, dass sie in ihrer Umgebung aufgehen und wir sie kaum noch wahrnehmen. Wir gehen an ihnen vorbei, nehmen sie als selbstverständlich hin und erinnern uns erst wieder an sie, wenn sie uns in veränderter Form begegnen – sei es, dass sie restauriert oder attackiert wurden oder sie aufgrund von Baumaßnahmen abgebaut werden. Die Sichtbarkeit ist auch Voraussetzung für unseren Umgang mit Kunstwerken, die wir heute anders einordnen als zu ihrer Entstehungszeit.

„Übersehensicht“ geht diesem Phänomen des Übersehen-Werdens nach und zeigt eine Auswahl von Kunstwerken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt Düsseldorf.  

Auf der Bahn sind Ausschnitte folgender Arbeiten zu sehen:

Aufsteigender Jüngling, Georg Kolbe, 1933/1949, Ehrenhof
Seit 1949 steht die Statue “Aufsteigender Jüngling” auf einem quadratischen Sockel aus Muschelkalk gegenüber dem NRW-Forum im Ehrenhof. Auf dem Sockel steht in handgefertigten Versalien „Heinrich Heine gewidmet“.
Düsseldorf tat sich lange Zeit schwer, an Heinrich Heine, einen der berühmtesten Söhne der Stadt, zu erinnern. Ein Denkmal, das Kaiserin Sisi initiierte, stieß auf großen Widerstand und ging schließlich als Loreley-Brunnen in den New Yorker Stadtbezirk Bronx (USA). Zwar tauchte das Konterfei des Dichters an einzelnen Gedenktafeln auf, doch stießen die Bestrebungen, an Heine zu erinnern, deutschlandweit auf Kritik. Reaktionäre Kräfte und antisemitische Gruppierungen machten gegen den, von den Nationalsozialisten als „Vaterlandsverräter“ diffamierten, jüdischen Dichter in allen Städten mobil, in denen sich Heine-Vereine gründeten.
Eine Ausschreibung für ein Düsseldorfer Denkmal in den frühen 1930er Jahren wies explizit darauf hin, dass die Darstellung keiner „Bildnisdarstellung“ bedürfe und so belegte Georg Kolbe mit seinem „Aufsteigender Jüngling“ den ersten Platz. Von Kolbe gab es bereits seit 1913 ein Heine-Denkmal in Frankfurt, das einen weiblichen und einen männlichen Akt darstellt, welches die Leichtigkeit Heinrich Heines Lyrik symbolisieren soll. Da durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten die Aufstellung des Denkmals verhindert wurde ­– Heines Werk wurde 1940 verboten –, die Bildsprache Kolbes hingegen der Ideologie der Machthaber entsprach und in beidseitigem Interesse entsprechend gefördert, wurde die Figur ohne die Heine-Konnotation im damaligen Hetjens-Museum untergebracht. Unmittelbar nach Kriegsende gab es Bestrebungen, Heinrich Heine in seiner Geburtsstadt wieder zu ehren, doch die Planungen für einen möglichen Heine-Platz in der Altstadt zogen sich in die Länge. Georg Kolbe, der seit 1944 auf der Liste der „gottbegnadeten“ Künstler*innen der Nationalsozialisten stand, verstarb 1947, noch bevor die Skulptur „Aufsteigender Jüngling“ an ihrem ursprünglichen Bestimmungsort aufgestellt wurde. Der Schriftzug „Heinrich Heine gewidmet“ ist in der Typografie dem Schriftzug auf dem von Georg Kolbe geschaffenen Heinrich-Heine-Denkmal in Frankfurt angeglichen.
„Übersehensicht“ zeigt den Torso des Jünglings.

Sandalenbinderin, August Kraus, 1901, Schwanenspiegel
Während eines fünfjährigen Stipendiums in Rom schuf August Kraus Anfang des 20. Jahrhunderts die „Sandalenbinderin“. Sie steht in der Tradition des Dornausziehers, ein antikes Motiv der Bildhauerei, das einen nackten Knaben zeigt, der einen Dorn aus dem linken Fuß zieht, und erinnert auch mit ihrem gebundenen Haar an die Epoche der Antike. Seit 1908 ist sie im Besitz der Städtischen Sammlungen und stand in früheren Zeiten im Nordpark und südlich der Rheinterrassen. Am Schwanenspiegel steht die „Sandalenbindern“ seit 1961 auf einem kleinen Sockel aus Muschelkalk. Regelmäßig verewigen sich Besucher*innen auf ihr, derzeit läuft ein schwarzer Strahl aus ihrem Anus ihr rechtes Bein hinunter.
August Kraus wurde 1868 im Duisburger Stadtteil Ruhrort geboren und lebte ab 1887 in Berlin. Zusammen mit seinem guten Freund Heinrich Zille, dessen Grabmal er gestaltete, engagierte er sich in der Künstler*innengruppe Freie Secession. 1933 wurde er Vorsitzender der Abteilung Bildende Kunst in der Akademie der Künste Berlin und verstarb im November des gleichen Jahres.
2018/19 waren Skulpturen von ihm in der Ausstellung „Zarte Männer“ im Georg Kolbe Museum Berlin zu sehen.
„Übersehensicht“ zeigt den Kopf der Sandalenbinderin.

Adam und Eva, Peter Christian Breuer, 1894, Floragarten
Mit der Figurengruppe „Adam und Eva“ erlangte Peter Christian Breuer um die Jahrhundertwende internationalen Ruhm. Die Skulptur wurde auf den Weltausstellungen in Pairs (1900) und St. Louis (1904) gezeigt und Breuer zum Ritter der französischen Ehrenlegion ernannt. Sie existiert in mehreren Varianten in Marmor und Bronze. Die Düsseldorfer Figurengruppe gelangte um 1907 durch einen Ankauf der Kunstakademie in den Besitz der Stadt, nachdem sie bereits 1902 in einer Ausstellung im Kunstpalast gezeigt worden war.
Im Florapark stehen „Adam und Eva“ seit 1941 und wurden zwei Jahre später bei einem Luftangriff verstümmelt. In der Nachkriegszeit wurde die Figurengruppe von zwei Düsseldorfer Künstlern restauriert, was noch heute an den Marmorintarsien zu erkennen ist.
In regelmäßigen Abständen wird die Arbeit besprüht bzw. getaggt.
„Übersehensicht“ zeigt die sich umschlingenden Oberkörper von „Adam und Eva“.

Bismarck-Denkmal, August Bauer und Johannes Röttger, 1899, Martin-Luther-Platz
Die heutige Heinrich-Heine-Allee hat in ihrer Geschichte öfters ihren Namen und ihr Erscheinungsbild geändert. Ende des 19. Jahrhunderts, als sie Alleestraße hieß, wurde auf ihr eine „Siegesallee“ errichtet mit zahlreichen Skulpturen, die das Deutsche Kaiserreich patriotisch feierten. Ab 1899 gehörte das von August Bauer und Johannes Röttger geschaffene „Bismarck Denkmal“ dazu. Die Jury für das Denkmal hatte sich nicht auf einen ersten Platz einigen können.
Das Denkmal zeigt Bismarck auf einem Sockel stehend, um den sich zwei Figuren gruppieren: sie symbolisieren die aufstrebende Industrie und die geeinigten deutschen Staaten.
August Bauer, der auch die Wasserspeier an der Girardet-Brücke schuf, verstarb 1961. Er war in späteren Jahren ein engagiertes Mitglied des Künstlervereins Malkasten.
1963 wurde das Denkmal versetzt. Bei der Neuaufstellung vor dem Justizministerium wurde auf eine umlaufende Stufe unter dem Sockel verzichtet.
Die Rezeption Bismarcks hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt, die eine Ehrung seiner Person in dieser heroischen Form in Frage stellt: als Gegner parlamentarisch-demokratischer Strukturen verkörpert der Reichskanzler Militarismus, Nationalismus und rassistisches Gedankengut und trägt eine Mitverantwortung für die damaligen Gräueltaten des deutschen Kolonialismus.
„Übersehensicht“ zeigt die linke Hand der männlichen Nebenfigur. Sie hält ein Bündel aus Eichenstäben als Machtsymbol in der Hand.

Stahlarbeiter, anonyme Künstler*in, 19. Jahrhundert, Relief aus dem ehemaligen Stahlwerk Oberbilk, jetziger Standort: Ausgang Hauptbahnhof, Bertha-von-Suttner-Platz
„Im Stadtteil Oberbilk hatten seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Werke der Eisen- und Stahlindustrie ihren Standort. Auf diesem Gelände befand sich von 1864 bis 1979 das Oberbilker Stahlwerk.
Das Relief, das sich im Werksgelände befand und dessen Schöpfer und Entstehungszeit unbekannt sind, zeigt zwei Stahlwerker vor einem Siemens-Martin-Ofen, die eine Probe nehmen.
Es lohnt sich, auch das auf der gegenüberliegenden Seite angebrachte Relief zu betrachten.“
Verlässt man den Hauptbahnhof in Richtung Berta-von-Suttner-Platz, so findet man beidseitig hinter Fahrradständern zwei Reliefs unbekannter Herkunft, die auf die Geschichte der Düsseldorfer Stahlindustrie hinweisen. Auf einer dort angebrachten Metalltafel ist obiger Text zu lesen. Bis in die späten 1970er Jahre befand sich südlich des Hauptbahnhofs, wo sich jetzt der Bertha-von Suttner befindet, ein Stahlwerk. Der Abriss der Hallen brachte große städtebauliche Veränderungen mit sich und prägte das Stadtbild Oberbilks nachhaltig. Seither hat der Bahnhof zwei Ausgänge und Oberbilk ist offener an andere Stadtteile angeschlossen. Der industriellen Prägung des Viertels setzte die Düsseldorfer Autorin Mithu Sanyal mit ihrem Bestseller „Identitti“ 2021 ein Denkmal.
„Übersehensicht“ zeigt die Rückenansicht eines der Stahlarbeiter, vom Bahnhof kommend zur Linken.

Fohlen, Renée Sintenis, 1929 Hofgarten, Goltsteinstraße/Seufzerallee
Jedes Jahr halten die Gewinner*innen des Internationalen Filmfestivals Berlinale einen goldenen oder silbernen Bären in die Kameras. Die gleichen Plastiken stehen, in unterschiedlichen Größen, auf Berliner Plätzen, Meilensteinen und Autobahnen. Die zahlreichen Berliner Bären sind Plastiken der Bildhauerin Renée Sintenis. Sintenis lebte von 1888 bis 1965 und verbrachte einen Großteil ihres Lebens in Berlin, wo sie auch von 1948 bis 1955 an der Universität der Künste lehrte. Sie war freundschaftlich mit Georg Kolbe verbunden und galt als öffentliche Figur, die sich als androgyne, großgewachsene, offen bisexuell lebende Frau zu inszenieren wusste. Renée Sintenis war kommerziell sehr erfolgreich und stellte früh in internationalen Museen wie der Tate in London und dem MoMa in New York aus. In Düsseldorf waren ihre Arbeiten ab 1920 in der Galerie von Alfred Flechtheim zu sehen.
Heute prägen drei Tierplastiken von Renée Sintenis den öffentlichen Raum der Landeshauptstadt Düsseldorf: Auf der Berliner Allee steht seit 1960 ein Berliner Bär und auf dem Schulhof der katholischen Grundschule Flehe ein „Esel von Seelow“. Das „Fohlen“, eine Plastik von 1929, wurde vierzig Jahre nachdem sie geschaffen wurde, auf der Seufzerallee, nahe der Düssel, aufgestellt.
„Übersehensicht“ zeigt das Fohlen und den Sockel.

Kriegerdenkmal 1870/1871, Karl Hilgers, 1892, Hofgarten, Landskrone
Die Glorifizierung und Relativierung der Kriegsgeschichte ist in zahlreichen, noch existierenden Kriegerdenkmälern eingeschrieben. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und der Proklamation Wilhelm I. als Kaiser des Deutschen Reiches, wurden in allen Städten und Gemeinden Kriegerdenkmäler errichtet. Düsseldorf befürchtete, ins Hintertreffen zu geraten und so wurde beschlossen, ein Kriegerdenkmal zu errichten, das einer anderen Formsprache folgte und nicht eine Viktoria oder einen Reichsadler auf einer Säule darstellt. Die Wahl fiel auf Karl Hilgers, den Sohn des Malers Carl Hilgers, der in der Rezeption sowohl mit K als auch mit C geschrieben wird und auf dem Denkmal als C. Hilgers eingraviert ist. Hilgers Denkmal zeigt einen verwundeten gut gebauten jungen Krieger, der nackt und ermattet auf einem Sarkophag gebettet liegt. Er ist von antiken Kriegsinsignien umgeben und wird bewacht von einem Löwen, der sich aufzurichten scheint. Das Denkmal ist von einem Rondell aus Marmor umgeben, vor dem ein Mosaik in den Boden eingelassen ist. Nach ihrer Einweihung 1892 wurde die Skulptur stetig bewacht und von herabfallendem Laub freigehalten. 2007 wurde im Zuge einer Restaurierung ein Graffitischutz errichtet – ein gescheiterter Versuch, die Kommentierung durch Besprühung und Vandalismus abzuwenden. Seit einigen Jahren wird die notwendige kritische Debatte geführt.
„Übersehensicht“ zeigt die Innenseite der rechten Tatze des Löwen.

Industriebrunnen, Fritz Coubillier, 1911, Fürstenplatz
Der „Industriebrunnen“ wurde kurz vor dem Ausbruch des ersten Weltkrieges errichtet und sollte den industriellen Aufschwung, den Düsseldorf zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts erfuhr, repräsentieren. Zu sehen sind drei Bronzefiguren: die zentrale mythologische Figur, der Schmied „Vulkan“ auf einem Amboss sitzend, wird von zwei leicht bekleideten Helfern, einem Hüttenmann und einem Bergmann, flankiert.
Es handelt sich um eine Arbeit des Künstlers Fritz Coubellier, 1869 als Frédéri Coubellier geboren, der auch mit dem Tritonenbrunnen an der Kö das Bild der Landeshauptstadt prägt.
Der Industriebrunnen wurde ursprünglich am Rheinufer in unmittelbarer Nähe des Kunstpalastes aufgestellt. Nach einer stadtplanerischen Umgestaltung in den 1920er Jahren wurden die einzelnen Figuren des Brunnens separat aufgestellt. Coubillier engagierte sich in der Folgezeit für eine komplette Wiederaufstellung, die 1939 in leicht modifizierter Form am Fürstenplatz erfolgte. Als „Bronzespende des Deutschen Volkes“ wurde der Brunnen drei Jahre später wieder demontiert, allerdings nicht eingeschmolzen und 1950 erneut aufgebaut. Coubillier, der in den 1930er und 40er Jahren drei Mal auf der großen Deutschen Kunstausstellung vertreten war, starb 1953 in Düsseldorf.
„Übersehensicht“ zeigt die Beine des Hüttenmanns.

Märchenbrunnen, Max Blondat,1905, Hofgarten, Napoleonsberg
Als das Stadtarchiv im November 2020 ein historisches Foto des Märchenbrunnens in den sozialen Netzwerken veröffentlichte, landete es einen viralen Hit. Zahlreiche Bürger*innen teilten öffentlich Kindheitserinnerungen und mutmaßten, was mit dem „Original“ passiert sei.
Der Brunnen wurde 1904 auf einer Gartenmesse in Düsseldorf erstmals gezeigt und danach vom „Verschönerungsverein“ für den Hofgarten erworben. Von 1905 bis 1985 war er als marmorne Einheit mit bronzenen Fröschen zu sehen, bis die Kindergruppe nach wiederkehrenden Attacken durch einen Bronzeguss ersetzt wurde. Nachdem das marmorne Original einige Jahre in der Kosmetikabteilung des Kaufhofs an der Kö stand, befindet es sich heute im Stadtmuseum. Max Blondat, der 1925 in Paris verstarb, hatte sich vertraglich zusichern lassen, Repliken der „Fontaine Jeunesse“ anfertigen zu dürfen, so dass heute neben dem Düsseldorfer Exemplar fünf weitere „Originale“ und zahlreiche assoziierte Brunnen existieren: In Zürich gibt es seit 1905 einen „Fröschli-Brunnen“, in Dijon seit 1909 eine „Fontaine Jeunesse“ und in Odessa seit 1910 einen „Blondat-Brunnen“. In Denver steht seit 1912 ein „Childrens Fountain“, der zunächst „Dusseldorf Fountain“ hieß und in Nacozari de Garcia, Mexiko, seit 1920 eine „Fuente de las Sonrisas“. Alle weisen kleine Unterschiede auf und haben verschiedene Oberflächengestaltungen. Werden Brunnen beschädigt, unterstützten sich die Städte gegenseitig: So wurden Abgüsse der Düsseldorfer Froschgruppe bereits in Zürich und in Dijon nach Verlusten eingesetzt.
„Übersehensicht“ zeigt die drei Frösche aus Bronze auf der Umrundung aus Marmor.

Kugelspielerin, Walter Schott, 1897, Graf-Adolf-Platz
1902 schenkte der aus einer jüdischen Unternehmerfamilie stammende Gustav Herzfeld die „Kugelspielerin“ seiner Heimatstadt Düsseldorf. Herzfeld, der ein Vorfahre des Künstlers John Heartfield war, vermachte der Stadt damit eine der populärsten Figuren der Jahrhundertwende. Die Kugelspielerin wurde 1897 von dem Berliner Künstler Walter Schott in zwei Varianten geschaffen, einer bekleideten und einer unbekleideten. Schott erlangte schnell große Aufmerksamkeit mit der Figur und verkaufte die Reproduktionsrechte an die Porzellanmanufaktur Meissen, die sie bis heute für 10.500 Euro im Programm führt. Als Anerkennung für den Longseller bekam er zu einem Weihnachtsfest in den 1920er Jahren ein Service für 18 Personen von der Manufaktur geschenkt.
Mit dem letzten deutschen Kaiser Wilhelm II war Walter Schott eng verbunden und führte für ihn bis 1918 zahlreiche offizielle Aufträge aus. In den 1920er Jahren konnte er keinen Anschluss an die Avantgarde finden und entlud seine Frustration 1930 in den Memoiren „Ein Künstlerleben – und gesellschaftliche Erinnerungen aus der Kaiserzeit“.
Die „Kugelspielerin“ steht seit 1932 am Graf-Adolf-Platz. Der Hinweis, dass die Figur ein Geschenk Gustav Herzfelds war, wurde in der Zeit des Nationalsozialismus entfernt. 1940 wurde die Figur als „Bronzespende des Deutschen Volkes“ abgebaut – aber nicht, wie ihre Schwesternskulptur in Berlin Köpenick, eingeschmolzen.
Bis heute nimmt die „Kugelspielerin“ am Düsseldorfer Kö-Leben teil, wird mit Blumen und Schals geschmückt und dient als Hintergrund für unzählige Kö-Selfies. Ihre Schwestern aus Porzellan und Bronze, bekleidet und unbekleidet, begegnen uns bundesweit in zahlreichen kunstgewerblichen Museen und Privathaushalten.
„Übersehensicht“ zeigt das Portrait der Kugelspielerin.

Christoph Westermeier, 2023

Übersehensicht, eine Kooperation mit der Kunstkommission Düsseldorf und der Rheinbahn, 2023.





ABSTANDSGRÜN UND ANSTANDSGRÜN
2023


Was ist der Unterschied zwischen einem Bild und einem Abbild und wie verhält sich dies im fotografischen Diskurs? In meinen Arbeiten hinterfrage ich Fotografien, Sehgewohnheiten und Bildkorrespondenzen. Wie nehmen wir fotografische Bilder wahr in einer digitalen Bilderflut und welchen Wert hat dabei das Einzelbild? Wie verhält sich dies zum Faktur Zeit und was passiert, wenn sich diese Ebenen überlagern? Wenn sich zwei Bilder übereinanderlegen, entsteht ein drittes, das zwischen diesen Polen pendelt.

In der Installation „Abstandsgrün und Anstandsgrün“ wird dies deutlich: dort trifft das Foto einer Kamelie und zweier Adiletten auf eine Deckelterrine mit Truthahn und bildet zusammen ein Gesicht; aus einem historischen Landschaftsgarten wächst eine gigantische Beleuchtungsskulptur und ein vergoldetes Gefäß scheint sich als Blüte auf einer Pflanze zu entfalten.

Aus den Bildkorrespondenzen entstehen immer neue Bilder, die zum Reflektieren einladen. Sie sind mit einer digitalen Spiegelreflex oder einer Vollformatkamera gemacht und auf Buchseiten gedruckt. In unterschiedlicher Rahmung treten sie uns als „Abstandsgrün und Anstandsgrün gegenüber und bilden ein Ensemble, das von vier Raumdisplays flankiert wird. Es sind Bildträger, die entfernt an Möbel erinnern, dysfunktionale Stühle, die zum Objekt werden.

„Abstandsgrün und Anstandsgrün“ ist eine modulare Fotoinstallation, die sich immer wieder neu zusammensetzt und auf den Raum, in dem sie gezeigt wird, reagiert.

Der Titel bezieht sich auf eine Textpassage von Dieter Wieland, die in dem legendären Fotobuch zum gleichnamigen Film- und Ausstellungsprojekt „Grün kaputt – Landschaft und Gärten der Deutschen“ 1984 veröffentlicht wurde.

Christoph Westermeier, 2023

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What is the difference between an image and a likeness and how does this relate to photographic discourse? In my work I question photographs, habits of seeing and image correspondences. How do we perceive photographic images in a digital flood of images and what is the value of the individual image? How does this relate to the facture of time and what happens when these levels overlap? When two images overlap, a third one emerges that oscillates between these poles.

This becomes clear in the installation "Abstandsgrün und Anstandsgrün" (Distance Green and Decency Green): there, the photo of a camellia and two Adiletten meets a lidded tureen with turkey and together they form a face; a gigantic lighting sculpture grows out of a historical landscape garden and a gilded vessel seems to unfold as a blossom on a plant.

From the pictorial correspondences, ever new images emerge that invite reflection. They are taken with a digital SLR or a full-format camera and printed on book pages. In different framings, they confront us as "distance green and decency green and form an ensemble.

"Abstandsgrün und Anstandsgrün" is a modular photo installation that constantly reassembles itself and reacts to the space in which it is shown.

The title refers to a passage of text by Dieter Wieland published in the legendary photo book accompanying the film and exhibition project of the same name "Grün kaputt - Landschaft und Gärten der Deutschen" in 1984.

Christoph Westermeier, 2023



ABSTANDSGRÜN UND ANSTNDSGRÜN, 2023
Series of 21 photographs, inkjet-print on book page, each 20,5 x 20,5 cm, 2023 





DER MAGEN EUROPAS
Jurgen Ots & Christoph Westermeier
2018-2023

Praktiken des Hortens, Sammelns, Leihens und des Archivierens beschäftigen die beiden Künstler Jurgen Ots (geb. 1978 in Dendermonde, Belgien, lebt und arbeitet in Brüssel) und Christoph Westermeier (geb. 1984 in Köln, lebt und arbeitet in Düsseldorf). Ots findet und sammelt Gegenstände, oftmals auf dem berühmten Flohmarkt auf der Place du Jeu de Balle in Brüssel. In seiner Wohnung bewahrt er Gefundenes auf, bis diese Objekte – einst Sammelobjekt, dann zurückgelassene Handelsware – in Collagen verarbeitet oder zu Readymades werden. Eine Serie von Fotografien, die Westermeier zwischen 2018 und 2022 in Brüssel aufgenommen hat, dokumentiert diese Fundstücke und andere Dinge in ihrem natürlichen Lebensraum und folgt ihnen in wechselnden Kontexten: Die Kindheitserinnerungen eines Menschen, ein Stück seines Alltags, das normalerweise unter Verschluss gehalten wird, wandert von Ort zu Ort und gewinnt neue Sichtbarkeit.

Das Künstlerbuch zeigt diese produktive und komplexe Zusammenarbeit, das gemeinsam zusammengetragene Werk, das aus gefundenen Büchern, Kisten, leeren Koffern, Rahmen, Scherenschnitten, Fotoalben und ausrangiertem Schnickschnack besteht. Ferner dokumentiert es die gleichnamige und gemeinsame Ausstellung im Empfangspavillon der internationalen Weltausstellung in Brüssel. Mit einem Essay des Herausgebers Haris Giannouras.

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Practices of stockpiling, collecting, lending, borrowing, and archiving are a shared preoccupation of the two artists Jurgen Ots (b. Dendermonde, Belgium, 1978; lives and works in Brussels) and Christoph Westermeier (b. Cologne, 1984; lives and works in Düsseldorf). Ots spots and collects objects, often at the famous flea market on Brussels’s Place du Jeu de Balle. He stores these found objects—erstwhile collectibles, now derelict merchandise—in his apartment until he embeds them in collages or turns them into readymades. A series of photographs that Westermeier took in Brussels between 2018 and 2022 documents these trouvailles and other things in their natural habitat and shadows them as they move through various contexts: someone’s childhood memories, the scattered pieces of their everyday life that are normally kept under wraps, travel from place to place and take on a new visibility.

The artists’ book illustrates this productive and complex collaboration, surveying the oeuvre the two artists have compiled, which consists of found books, boxes, empty suitcases, frames, silhouettes, photo albums, and discarded bric-a-brac. It also documents their joint exhibition of the same title in the reception pavilion of the International World’s Fair in Brussels. With an essay by the editor Haris Giannouras.

Design: Sophie Keij, Atelier Brenda, Editor: Haris Giannouras, 19,5x30,8 cm, 232 pages, numerous color images, softcover, ISBN 978-3-95476-532-4, Distanz Verlag





40211 WORRI, KONTAKTBOGEN I-III
2022


Seit November 2021 wird der Worringer Platz zu unterschiedlichen Zeiten von Christoph Westermeier fotografisch dokumentiert. Dabei geht es nicht um das Einzelbild, sondern um fotografische Sequenzen. Die drei Kontaktbögen zeigen ein Jahr. Chronologische Szenen eines Platzes, der eine illustre Geschichte hat.
1999 beschrieb die Journalistin Gerda Kaltwasser den Platz in einem Text, der am 12. Oktober in der Rheinischen Post erschien. Heute ist der Text auf der Internetseite des Frauen-Kultur-Archivs der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität online zu finden. Am 15. Juni 2023 wurde dieser Text am Worringer Platz als Zitat von besagter Seite kopiert:

Der Worringer Platz damals und heute – Entwicklungsland mitten in der Stadt
Abstieg von der Kultur- zur Schmuddel-Ecke

Der Worringer Platz – ein Schandfleck; in diesem Urteil sind sich wohl alle einig. Und da der Abstieg in die Kategorie „Schmuddelecke“, hat er einmal begonnen, immer rasanter wird, ist der des Worringer Platzes inzwischen von Tag zu Tag zu beobachten. Geschäfte schließen und öffnen nicht wieder, Schaufenster werden mit Papier verklebt, das nach kurzer Zeit in langen Bahnen abblättert, Aufkleber informieren über den Umzug an eine bessere Adresse. Seit Monaten sind die Räume des leerstehenden ehemaligen „Bauhauses“ nicht zu vermieten, sind Immobilien am Worringer Platz kaum an den Mann oder die Frau zu bringen. Wer erinnert sich noch an glanzvollere Zeiten des Worringer Platzes? Die gab es in den Zwanziger Jahren. Damals hatte sich im weiten Umkreis um den Hauptbahnhof ein lebhaftes Geschäftsleben entwickelt, zwischen Graf-Adolf- und Worringer Straße. Der Worringer Platz erhielt als Wahrzeichen einen Kiosk mit mehreren Geschäften, gekrönt von der Statue des Kiepenkerls, Wahrzeichen einer bekannten Tabakmarke.

Im Zweiten Weltkrieg häuften sich gerade in dieser Gegend die Zerstörungen durch Bomben. Dann aber wurde der Worringer Platz zum Platz der ersten Düsseldorfer Fußgängerunterführung erkoren. Und dann war da das Capitol, ein Familienkino, auch ein Mehrzweckhaus für Theatergastspiele, von 1953 bis 1956 Ausweichbühne für die Rheinoper, als das nach dem Krieg provisorisch wiederhergestellte Opernhaus, früher „Stadttheater“, umgebaut und modernisiert wurde. Manche Opernpremiere ging da über die Bühne, schnell hatten die Orchestermusiker, die gerade keinen Part zu spielen hatten, auch ihre Stammkneipe gefunden.

Das Kino, in dem wir Chaplins „Limelight“ bestaunen oder die „Moselfahrt aus Liebeskummer“ beweinen konnten, war also theatertauglich. Das bewies die Operette „Csardasfürstin“ ebenso wie das Musical „My fair Lady“. Grete Weiser gastierte in „Lumpen“. Neben der leichten Muse gab es den „Schwierigen“ und „Des Teufels General“. Mal klebte der Gerichtsvollzieher den Kuckuck auf die Abendkasse eines Gastspielveranstalters. Doch dann war erst einmal Schluß mit den Brettern, die die Welt bedeuten. Gerade für die Fernsehwelt war noch Platz, das Capitol wurde Aufnahmestudio. Schließlich kam „Hair“, das Musical der Blumenkinder, das hier produziert, dann auch mit Riesenerfolg im „Capitol“ aufgeführt wurde. Die ganze Stadt nahm Anteil, junge Leute durchzitterten Talenttests, biedere Düsseldorfer wurden Vermieter für haarige Bühnenstars.

Vor 30 Jahren, Ende September 1969, war das „Hair“ ab. Eine Umbauauflage konnte und wollte der Eigentümer nicht erfüllen. Aus dem Theaterhaus wurde das Bauhaus. 25 Jahre, bis 1994 dauerte es, ehe die Landeshauptstadt die schon 1969 als dringend notwendig erkannte Musicalbühne bekam. Zu spät, um vom Musicalboom wirklich zu profitieren.

Und der Worringer Platz? – Entwicklungsland fast mitten in der Stadt.

Gerda Kaltwasser In: Rheinische Post. Düsseldorfer Stadtpost, 12. Oktober 1999

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Since November 2021, Christoph Westermeier has been photographically documenting Worringer Platz at different times. The focus is not on the individual image, but on photographic sequences. The three contact sheets show one year. Chronological scenes of a square that has an illustrious history.
In 1999, the journalist Gerda Kaltwasser described the square in a text that appeared in the Rheinische Post on 12 October. Today, the text can be found online on the website of the Frauen-Kultur-Archiv of the Faculty of Philosophy at Heinrich Heine University. On 15 June 2023, this text was copied as a quotation from said site at Worringer Platz:

Worringer Platz then and now - developing land in the middle of the city.
Descent from cultural to grubby corner

Worringer Platz - an eyesore; everyone seems to agree on this verdict. And since the descent into the category of "dingy corner", once it has begun, is becoming ever more rapid, that of Worringer Platz can now be observed from day to day. Shops close and do not reopen, shop windows are covered with paper that peels off in long strips after a short time, stickers inform about the move to a better address. For months, the rooms of the vacant former "Bauhaus" have not been rented, properties on Worringer Platz are hardly to be sold. Who still remembers the more glamorous times of Worringer Platz? They were in the twenties. At that time, a lively business life had developed in the area around the main railway station, between Graf-Adolf- and Worringer Straße. Worringer Platz was given a kiosk with several shops as a landmark, crowned by the statue of the Kiepenkerl, emblem of a well-known tobacco brand.

During the Second World War, the destruction caused by bombs increased in this area. But then Worringer Platz was chosen as the site of Düsseldorf's first pedestrian subway. And then there was the Capitol, a family cinema, also a multi-purpose house for theatre guest performances, from 1953 to 1956 an alternative stage for the Rhine Opera, when the opera house, formerly the "Stadttheater", which had been provisionally restored after the war, was rebuilt and modernised. Many an opera premiere was staged there, and the orchestra musicians who didn't have a part to play at the time quickly found their regular pub.

So the cinema, where we could marvel at Chaplin's "Limelight" or weep over the "Moselfahrt aus Liebeskummer", was fit for the theatre. This was proven by the operetta "Csardasfürstin" as well as the musical "My fair Lady". Grete Weiser made a guest appearance in "Lumpen". Besides the light muse, there was the "Difficult" and "The Devil's General". Sometimes the bailiff stuck the cuckoo on the box office of a guest performance organiser. But then it was over for the time being with the boards that mean the world. There was still room for the television world, and the Capitol became a recording studio. Finally came "Hair", the musical by the Flower Children, which was produced here and then performed with great success in the "Capitol". The whole city took part, young people shivered through talent tests, staid Düsseldorfers became landlords for hairy stage stars.

30 years ago, at the end of September 1969, "Hair" was off. The owner could not and did not want to meet a conversion requirement. The theatre building became the Bauhaus. It took 25 years, until 1994, before the state capital got the musical stage that had already been recognised as urgently needed in 1969. Too late to really profit from the musical boom.

And Worringer Platz? - A developing area almost in the middle of the city.

Gerda Kaltwasser

In: Rheinische Post. Düsseldorfer Stadtpost, 12 October 1999


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